Während meiner Zeit als unabhängiger Forscher habe ich mit meinen Mitarbeitern grundlegende Mechanismen untersucht, die bei der Umsetzung der genetischen Information zum Zuge kommen. Die Gene, welche für Proteine (Eiweissstoffe) kodieren, werden zunächst in primäre RNA-Transkripte kopiert, die dann auf verschiedene Weise verändert werden müssen. Ein Schwerpunkt unserer Forschung war die Bildung von reifen RNA 3'-Enden, bei welcher die mRNA-Vorläufer durch eine Endokuklease gespaltet werden. Für den Großteil der mRNAs wird das Spaltprodukt dann mit einem polyA-Schwanz verlängert, welcher die mRNA vor Abbau schützt und deren Verwendung bei der Proteinsynthese ermöglicht. Ein Sonderfall sind die mRNAs, welche für Histon-Proteine codieren. Bei Tieren und Menschen, enthalten diese keine Introns, und ihre 3' Enden werden durch einen speziellen Mechanismus erzeugt, bei dem kein Poly-A-Schwanz angefügt wird. Meine Gruppe hat beide dieser 3' Processierungsreaktionen, vor allem aber das Histon RNA Processing erforscht.
Diese Processing-Reaktionen unterliegen ausgefeilten Regulationsmechanismen. Die Auswahl alternativer Polyadenylierungsstellen kann die Struktur und Funktion des durch die mRNA kodierten Proteins verändern. Es kann aber auch regulatorischer Sequenzen hinzufügen oder entfernen, welche die Stabilität, die Übersetzung ins entsprechende Protein oder die subzelluläre Lokalisierung der mRNA kontrollieren. Schliesslich wird das 3' Processing der Histon mRNAs während des Zellzyklus so reguliert, dass Histon-Proteine hauptsächlich während der S-Phase synthetisiert werden, wenn auch die zelluläre DNA repliziert wird. Ein Defekt in solchen Regulationsprozessen kann die Ursache bestimmter Erbkrankheiten sein oder auch erworbene Erkrankungen, wie etwa Krebs, auslösen.
Der zweite Prozess, der uns mehr vom medizinischen Standpunkt her interessiert hat, ist die Entfernung nicht-kodierender Sequenzen (Introns) aus einem primären Transkript durch den Vorgang des Splicing. Höhere Organismen, und vor allem der Mensch, benutzen in hohem Mass alternatives Splicing, um verschiedene Proteine von einem einzigen Gen herzustellen. Das alternative Splicing wird oft reguliert und trägt in hohem Mass zu Entwicklungsvorgängen bei. Ausserdem verändern viele Erbkrankheiten verursachende Mutationen das Splicing des betroffenen Gens und führen so zur Bildung eines fehlerhaften Proteins oder unzureichender Mengen des korrekten Proteins. Im Lauf der Jahre brachte uns unsere Grundlagenforschung über ein kleines, im Zellkern lokalisiertes Ribonukleoprotein-Partikels (das sogenannte U7 snRNP), welches am 3' Processing von in Histon-mRNAs beteiligt ist, auf die Idee, modifizierte Versionen dieses Partikels herzustellen, die jn der Lage sind, gezielt das alternative Splicing eines bestimmten Gens zu modulieren. Wir konnten zeigen, dass diese modifizierten U7 RNAs als Werkzeuge verwendet werden können, um bestimmte Erbkrankheiten zu behandeln wie etwa die tödliche neuromuskuläre Erkrankung Spinale Muskelatrophie (SMA) oder eine bestimmte Stoffwechselstörung, welche eine sehr schmerzhafte Lichtempfindlichkeit, die Erythropoetische Protoporphyrie (EPP), verursacht.